Bandname:
Yellow Umbrella
Mitglieder (Instrumentenzuordnung):
Jens Strohschnieder
- vocals, keys, organ
Alex Buck - guitar, vocals
Gero Dumrath - drums, backing vocals
Jürgen Kalkschies - bass
Bernard Lanis - tenor sax, soprano sax
Jan Kalb - alto sax, trumpet
Thomas Hellmich - trombone
Durchschnittsalter:
29
Gründungsjahr: 1994
Ort/Herkunft: Dresden
Internetadresse:
www.yellowumbrella.de
CDs:
Offbeat (1996)
Marie Juana (1999)
Flight No. 20-8-3 (2001)
Les Schuhkarton-Tapes (2002)
stoned-steady (2003)
little planet (2007)
Datum des Interviews: 09.04.2007
DerDUDE:
Hallo! Mal ein paar Fragen direkt zu euch, wenn ich darf?:
Wie würdet ihr eure Musikrichtung als Ska-Band näher charakterisieren?
Yellow Umbrella:
Thomas: Reggae, Ska, Rock Steady, Dub, Dancehall, Klezmer, Jazz
und Schmackes.
DerDUDE:
Wie seid ihr auf den Bandnamen gekommen?
Yellow Umbrella:
Thomas: Im Filmklassiker "Harold & Maude" gibt es
eine Szene, in der Maude eine Beerdigung besucht. Wie immer in England regnet
es und die Trauergäste tragen Regenschirme in schwarz. Nur Maude hat einen
gelben Regenschirm. Die Kamera zoomt/fliegt nach oben: Man sieht ein einen gelben
Regenschirm in einem Meer von schwarzen Regenschirmen …
DerDUDE:
Welchen Song sollte man sich anhören, um eure Musik am besten kennenzulernen?
Yellow Umbrella:
Thomas: Vielleicht "You never cared for me" vom Album
"stoned-steady".
DerDUDE:
Welches ist euer Lieblingssong/ -CD?
Yellow Umbrella:
Thomas: Das wechselt fast täglich.
Alex: Meine Lieblingsplatte ist momentan The Jai-Alai Savant's
Debutalbum
Flight of the Bass Delegate (Mix aus US-Hardcorepunk/Dub/Reggae)
DerDUDE:
Hat euch eine Ska-Band /Ska-Persönlichkeit am meisten beeinflußt?
Yellow Umbrella:
Thomas: The Skatalites, Don Drummond und Jackie Mittoo.
DerDUDE:
Welche Musikrichtung, neben dem SKA, hat euch am meisten geprägt?
Yellow Umbrella:
Thomas: Natürlich Reggae.
Alex: Soul, Punk
DerDUDE:
Gibt es eine Botschaft, die ihr mit eurer Musik vermitteln wollt?
Yellow Umbrella:
Thomas: Für uns gilt das alte Motto: entertainment first,
message second.
DerDUDE:
Hat SKA für euch auch eine politische Bedeutung? Wenn ja, welche?
Yellow Umbrella:
Thomas: Ska an sich hat keine politische Bedeutung für uns,
vielleicht für die alten Jamaikaner. Wir sind auch keine politische Band.
Allerdings ist jeder von uns ein politischer Mensch und manchmal muss man auch
etwas zu Sachen sagen, die nicht O.K. sind. Dann schreiben wir Songs wie "Modern
Slavery" (stoned-steady) oder "The World Is Not Fair" (little
planet). Wenn man auf einer Bühne steht, hat man auch eine gewisse Verantwortung.
Alex: Ska hat erstmal einen rebellischen, antiautoritären Charakter,
weil es die Musik der ärmsten Bevölkerungsschicht aus einem sowieso schon armen
Land ist. Wenn allerdings europäische Bleichgesichter wie wir (und viele andere)
die Musik spielen, ist diese Haltung nicht mehr automatisch da, sollte aber.
Genauso wichtig und gleichzeitig auch politisch finde ich es, als bleiche Band
sogenannte schwarze Musik zu machen, genauso wie ich es für sehr wichtig halte,
dass Bands mit dunkelhäutigen Musikern, die Rock oder Indie machen, stärker
wahrgenommen werden.
Diese musikindustrielle, d.h. gut zu vermarktende Sparteneinteilung
,Black Music' (R'n'B, Rap) einerseits, weiße Rockbands andererseits ist falsch
und rassistisch. Ein zweites politisches Problem gibt es meiner Ansicht nach
mit Teilen des Reggaepublikums, die Jamaikaner oder Afrikaner als Projektionsfläche
benutzen (a la: "Die haben den Rhythmus eben IM BLUT", oder irgendwelche sonstigen
sexualisierten Edler-Wilder- Wahrnehmungen). Das ist rassistisch/sexistisch
und muss bewusst gemacht und kritisiert werden.
DerDUDE:
Ein paar Fragen zu euren Konzerten: Was waren eure besten und schlimmsten Konzertorte?
Yellow Umbrella:
Thomas: Schlimmster Konzertort: Dessau vor 11 Fussballerinnen
(kein Scherz).
Bester Konzertort: ganz klar
Dresden.
DerDUDE:
Auf SKA-Konzerten findet
man ja wirklich die unterschiedlichsten Typen. Wie würdet ihr euer Publikum
charakterisieren?
Yellow Umbrella:
Thomas: Es ist sehr intelligent, sehr gut aussehend und immer
gut angezogen. Unser Publikum ist eine Zierde der Menschheit. Wir sind sehr
stolz auf unser Publikum. Wenn wir es nicht hätten, gäbe es uns nicht
als Band und vielleicht auch nicht als Menschen. Wir verdanken unserem Publikum
alles.
DerDUDE:
Was spielt ihr als Zugabe
(welchen Song)?
Yellow Umbrella:
Thomas: Das ist auf jeder Tour ein anderer Song. Zur Zeit ist
es "Sex On The Beach", ein Instrumentalknaller vom neuen Album "little
planet" ohne Bläser. Besonders unsere Bläser stehen drauf, da
können sie mal in Ruhe tanzen, rauchen oder auf Toilette gehen.
DerDUDE:
Gibt es ein verrücktes Erlebnis auf einer Tour, welches erzählenswert
ist?
Yellow Umbrella:
Thomas: Eine Tour ist ein einziges verrücktes Erlebnis. Wir
- haben schon Bandmitglieder aus den Wohnungen von französischen Voodoopriesterinnen
befreien müssen,
- sind mit Furillo oder wahlweise den DJs vom Vorabend in einem Bett aufgewacht,
- sind in dem Moment in einen urplötzlich auftauchenden Nebel gefahren,
als ein Bandmitglied aus einem Stephen King Roman eine Stelle vorlas, in der
ein Ehepaar in einen urplötzlich auftauchenden Nebel fuhr und um Jahrzehnte
gealtert daraus hervorkam und
- haben auf einer endlosen Fahrt durch Polen ALLE Jim
Jarmusch Filme gesehen und zweimal "The Incredibles"...
Die Aufzählung könnten wir noch endlos fortsetzen.
DerDUDE:
Mit welcher Band würdet ihr am liebsten zusammen auftreten?
Yellow Umbrella:
Thomas: Western Special.
Alex: Ich würde gerne mit Fishbone zusammen spielen.
DerDUDE:
Was mich schon immer beschäftigt,
ist die Frage, wie ihr mit Nazi-Skins auf Konzerten umgeht?
Yellow Umbrella:
Thomas: Auf Ska-Konzerten kommt das zum Glück praktisch nie
vor. Auf Stadtfesten schon eher. Uns ist es zweimal passiert: in Oppach und
in Wernigerode. Wenn wir so etwas mitbekommen, ignorieren wir es nicht. Wir
sagen unsere Meinung dazu so deutlich, dass es auch noch der letzte Anwesende
versteht. Der alte Specials Song "Racist Friend" ist für solche
Fälle auch immer im Gepäck. Wir bitten den Veranstalter, die Herrschaften
zu entfernen - wenn Straftaten passieren, rufen wir die Polizei. Der Preis:
Sowohl in Oppach als auch in Wernigerode wurde nach dem Konzert unser Tourbus
angegriffen.
DerDUDE:
Vielleicht noch ein wenig zum Thema Ska-Geschichte?: Es wird häufig von
1-3 Ska-Welle gesprochen. Inwieweit könnt ihr euch damit identifizieren?
Was kommt nach der 3. Ska-Welle? Wie seht ihr die Zukunft des SKA?
Yellow Umbrella:
Thomas: Das mit den Wellen haben wir nie verstanden. Das Wellenmodell
ist viel zu einfach, um so etwas Komplexes wie die Ausbreitung des Ska von Jamaika
in die Welt zu beschreiben. Um die Zukunft des Ska ist uns nicht bange. Schau
dir nur die ganzen neuen Ska-Bands überall auf der Welt an!
Alex: Jeden Dienstag mache ich mir routinemäßig Gedanken über
die Zukunft des Ska, deshalb weiß ich da sehr gut bescheid. Ich denke, dass
sich da nicht allzu viel tun wird, weil sich nicht so viel tun muß. Ein großer
Teil der Skaszene kommt zusammen, um sich selbst zu feiern, und das ist ja auch
super so. Deshalb gibt's da auch keine all zu großen Ansprüche an junge Bands,
weil bei vielen Veranstaltungen die Bands eben nicht der springende Punkt sind.
Solange sich das Liveprogramm in einem erträglichen Rahmen abspielt ist alles
in Ordnung, gerade musikalische Innovationsversuche werden eher als störend
wahrgenommen. Was soll sonst der Grund dafür sein, dass im Skabereich ungefähr
siebenmillionenmal mehr Coversongs gespielt werden als bei anderen Subkulturmusiken.
So kommt es ja dann auch, dass Bands die zwar substantiell überhaupt nichts
Neues vorzuweisen haben, bzw. eine nahezu perfekte Imitation von traditionellem
Ska vorspielen, aber wenigstens ihr musikalisches Handwerkszeug beherrschen
(z.B. Hepcat), geradezu revolutionär gut zu sein scheinen. Aber wir finden Hepcat
eben auch super, da wünscht sich der/die SkafanIn eben auch manchmal zurück
in eine gute alte Zeit, die nie stattgefunden hat, als die Männer noch Männer
waren und die Frauen noch Schwänze hatten usw. Das ist eben die Realitätsflucht,
die zum Ska irgendwie auch dazugehört ;))
DerDUDE:
Wie kommt es, eurer Meinung nach, dass sich die meisten jungen Bands entweder
in Richtung traditional Ska oder Ska-Punk entwickeln?
Yellow Umbrella:
Thomas: Ist das so? Vielleicht liegt es daran, wie gut die Instrumente
beherrscht werden. Wenn man sein Instrument nicht beherrscht, wird es ziemlich
schwierig, (guten) traditionellen Ska zu spielen ...
DerDUDE:
Warum hat es der Ska so schwer, sich zu etablieren? Ist Ska zum ewigen Schlummerdasein
verdammt?
Yellow Umbrella:
Thomas: Irgendetwas an den Fragen gefällt uns nicht. Wir
finden, Ska hat sich weltweit über Jahrzehnte hinweg etabliert und die
Ska-Szene schlummert nicht, sondern brodelt regelrecht. In jeder größeren
Stadt der Welt kann man mittlerweile am Wochenende ein Ska-Konzert besuchen
und es gibt mindestens eine lokale Ska-Band. Meinst Du mit etablieren, dass
Ska kommerziell erfolgreich ist, die Charts und Videokanäle beherrscht,
im Supermarkt aus den Boxen rieselt und es bei DSDS eine Ska-Mottoshow gibt?
DEN Aufschrei in der Szene würden wir gern hören! Ich finde, wir sollten
alle froh sein, dass die Musikindustrie denkt, dass man mit Ska kein Geld verdienen
kann.
DerDUDE:
Letztlich noch ein paar allgemeine Fragen: Welche Band / Ska-CD würdet
ihr den Surfern/Ska-People besonders ans Herz legen wollen? (Mal abgesehen von
euren eigenen ;-)
Yellow Umbrella:
Thomas: Wir empfehlen The Slackers.
Alex: Ich empfehle Pama International, eine englische Band von
ehemaligen Loafers-, Madness- und Specialsmitgliedern. Es gibt fünf Platten
glaube ich, ,Pama Int.', ,Too many freaks, not enough stages', ,Float like a
butterfly', ,Trojan Sessions' und ,Dupstore Special', die ich allen, wie man
so schön sagt, ans Herz legen möchte.
DerDUDE:
Wen würdet ihr als den "Godfather of Ska" bezeichnen?
Yellow Umbrella:
Thomas: Diese Bezeichnung hat sich für Laurel Aitken eingebürgert.
Alex: Kürzlich hab ich mir ausgemalt, wie sich Laurel Aitken "Godfather
of Ska", und James Brown "Godfather of Soul" im Himmel gegenseitig einigermaßen
umständlich vorgestellt werden ("Godfather of Ska- Godfather of Soul! Godfather
of Soul- Godfather of Ska! etc.etc.), und wie sie sich dann ins Fäustchen lachen
und Keith Emerson, den "Godfather of Keyboard-orientierter Powermetal" links
liegen und nicht mitspielen lassen. Ist der eigentlich auch schon tot? Hoffentlich.
DerDUDE:
Welche SKA-Page würdet ihr den Surfern im Netz besonders empfehlen? Welche
Favoriten habt ihr?
Yellow Umbrella:
www.ska-talk.org
DerDUDE:
Was steht an nächsten Projekten/ Konzerten an? Wird es eine neue CD geben?
Yellow Umbrella:
Thomas: Unser
neues Album "little planet" wird am 11. Mai 2007 auf Pork Pie erscheinen.
Dazu gibt es eine Tour, die bisher so aussieht:
23.05.2007, Mittweida, Bergfest
01.06.2007, Chemnitz, AJZ
02.06.2007, Dresden, Röschenhof, CD-Release-Party
15.06.2007, Leipzig, Conne Island
16.06.2007, Prag (CZ), Rock Cafe
20.06.2007, Halle, Objekt 5
21.06.2007, Greifswald, Fete de la Musique
22.06.2007, Warschau (PL), Dobra Karma
21.07.2007, Berlin, YAAM Open Air
to be continued ...
DerDUDE:
Ich danke euch für dieses ausführliche, informative und interessante
Interview!
Für den kleinen SKA-Nachwuchs auch nochmal alles Gute, Thomas!
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